Josquin - Werke - Messen - La sol fa re mi - Anekdote

Über die Entstehung der Messe ist von Glarean eine Anekdote überliefert, die Osthoff wiedergibt: Als derselbe Jodocus von einem gewissen Herren eine Wohltat begehrte und dieser, der gern zögerte, in der verstümmelten französischen Sprache immer wieder sagte: 'Laise faire moy', d.h. 'Lass mich machen', komponierte er unverweilt nach diesen Worten eine ganze feine Messe: La sol fa re mi (Osthoff 1962, S. 36)
Diese Anekdote über die Herkunft des Themas deckt sich mit einer anonymen Barzelletta aus dem späten 15. Jh., dessen zwei Anfangsverse so gehen:

Lassa far a mi, lassa far a mi;
Non ti curare, lassa far a mi...

zu deutsch: Lass mich nur machen, Lass mich nur machen, kümmer dich nicht drum, lass mich machen...

Das Gedicht ist wahrscheinlich von Serafino, der neben diesem noch andere Gedichte schrieb, die sich nachweislich direkt gegen Ascanio Sforza richten, und diesem einen ausschweifenden Lebensstil vorwerfen oder ihn als Geizhals bezeichnen.
Interessanterweise waren Serafino als Dichter und Josquin als Musiker gewissermaßen Kollegen, da sie beide zur gleichen Zeit in den Diensten Ascanio Sforzas standen. Die Geschichte hätte sich also folgendermaßen abspielen können:
Josquin hat noch ein Honorar zu bekommen, und hat dieses schon mehrmals bei seinem Herrn eingefordert, der, Josquin beschwichtigend, immer wieder sagte: ja-ja, laß mich mal machen, du kriegst dein Geld schon... Josquin erzählt diese Angelegenheit seinem Freund Serafino, der daraufhin diesen mit seinem Spottgedicht auf Ascanio zu trösten versucht.
Er verfasst also das Gedicht "Lassa far a mi" und Josquin nimmt diese Worte und wandelt sie in die Solmisationsilben la sol fa re mi um und benuzt sie als Thema für eine ganze Messe.

 

Wer war Ascanio Sforza, und wer Serafino?

© 2001 by Guido Heidloff